Wer verantwortet muss selbst steuern

Der Künstlerische Leiter Prof. Alexander Hülshoff bei den „Freunden der Villa Musica“:


Im Gespräch mit Barbara Harnischfeger und auf Nachfragen der FREUNDE gab Alexander Hülshoff am Nachmittag des Programm-Schnuppertages bei der Villa Musica in Mainz am 25. August 2012 als neuer Künstlerischer Leiter Auskunft, was er sich vorgenommen hat,wie er die Stipendiaten im Blick haben will, was er unter Meisterkursen versteht, wofür er welche Künstler als Dozent oder als Gast engagiert hat und wie er das Geld einsetzt.

Alexander Hülshoff, seit September 2011 in der Funktion des Künstlerischen Leiters der Villa Musica, hatte sich ausbedungen, dass er an der Spitze alleine steht, damit die Verantwortung gegenüber den Gremien eindeutig sei. Zur Erklärung: vorher gab es mit Klaus Arp einen Repräsentanten und Ideengeber und dazu einen Stellvertreter, der die Konzertprogramme zusammenstellte und die Stipendiaten einsetzte (20 Jahre lang machte diese Kernarbeit  Ulf Rodenhäuser und zuletzt Kalle Randalu).  Jetzt bestimmt und plant der Künstlerische Leiter selbst das Programm und betreut die Stipendiaten. Ihre Entwicklung müsse innerhalb der drei Jahre, in denen sie zum Pool gehören, systematischer gesteuert werden, sagt er.

 

Für Stipendiaten größte Aufmerksamkeit

Alexander Hülshoff will aus den „Aspiranten“ des ersten Jahres einige „junge Meister“ herausfiltern, die bereit sind, Verantwortung zu übernehmen und sich bei den musikalischen Proben besonders einzubringen. Im zweiten oder dritten Jahr sollen sie ein kleines Honorar erhalten. Die Fahrtkosten bekommen künftig alle Stipendiaten erstattet. Das sei eine Frage des Respekts. Bei einigen Freunden provozierte das die Frage,  wie es zu finanzieren sei. Professor Hülshoff versicherte, es handele sich um kleine Beträge  und er komme mit dem vorhandenen Budjet aus. Auf weitere Nachfragen führte er als Gegenfinanzierung an, er setze weniger Dozenten ein – es müssten nicht drei Dozenten mit zwei Stipendiaten spielen, es reiche, wenn mit drei bis vier Stipendiaten e i n Dozent arbeitet.

 

„Mehr Verbindlichkeit“

Auch die Zahl der Stipendiaten will der neue Künstlerische Leiter verringern (von 100 auf zirka 50-60), damit auch jeder Instrumentalist, der von einer Kommission nach Probespiel ausgewählt wurde, eingesetzt werden könne. Es habe bisher manchmal 14 Hornisten gegeben, davon seien in der Saison aber nur zwei zum Zuge gekommen. Andererseits hätten Stipendiaten in der Vergangenheit oft abgesagt, wenn sie für ein „Kurs- und Konzertprojekt angefragt wurden – da müsse es künftig mehr Verbindlichkeit geben, indem die jungen Leute eben nicht einfach Kurse anzukreuzen brauchen, sondern ihr Einsatz in der Saison mit ihnen gezielt besprochen werde. Ziel sei es, dass Stipendiaten nicht nur auf einer Liste stehen, sondern auch in Erscheinung treten.

Die Zahl der Kurse und Konzerte, jetzt genannt Akademien, seien übrigens nicht gekürzt worden, versichert Hülshoff. Kinderkonzerte gebe es sogar mehr; und Stipendiaten werden dabei gelegentlich in die Musikvermittlung eingespannt. So präsentiert das Aramis-Trio vor seinem Abendkonzert das Programm am Nachmittag in leichter Form für Kinder. (Dem Aramis-Trio finanzieren die „Freunde der Villa Musica“ gerade Hotel und Fahrt zum Gianni Bergamo Classic Music Award 2012 in Lugano.)

 

Was bringen Promies?

Was bringen große Namen wie Pinchas Zuckermann und Daniel Hope den Stipendiaten, wenn die prominenten Musiker nur als Gast für ein Konzert gebucht sind, fragte Barbara Harnischfeger den künstlerischen Leiter der Villa Musica.  Hülshoff versicherte, er werde einige ausgewählte junge Musiker mit diesen Größen für ein Vorspiel zusammen bringen. Harnischfeger dazu: Meisterkurse waren doch bisher ein Schimpfwort bei Villa Musica. Die rühmte sich ihres einzigartigen Prinzips, wonach junge Musiker dadurch lernen, dass sie   eine ganze Woche lang in Probe und Konzert mit erfahrenen Meistern Pult an Pult spielen. Ja, diese Akademiearbeit sei auch weiterhin der Kern der Villa Musica, erwidert Hülshoff. Aber eine Unterrichtsstunde bei einem wie Pinchas Zuckermann könne sehr prägend sein. Und wenn ein legendärer Musiker, der weltweit 50 Jahre lang Konzerte gegeben hat, bei dem Stipendiaten etwas erkenne und es ihm sagt, dann könne das einen jungen Menschen verändern. Aber diese Art „Meisterkurs“ sei ja nur eine Ergänzung. (Finanzierung siehe oben)

 

Internationalität

Kontakte zu Musikern aus dem internationalen Konzertgeschäft brauchten junge Musiker jedenfalls – neben Interpretationstraining. So komme für die Akademiekonzerte zum Beispiel der Pianist Andrew Harley, Gastdozent an der Julliard School  in New York. Er studiert mit drei jungen Geigern jeweils eine Brahms-Violinsonate ein. Mit drei Cellisten arbeitet der Argentinier, der in Mainz studiert hat,  José Gallardo, eine ganze Woche lang an Beethoven, Barber, Menotti, Prokofiev.

 

Zusammenprall

„Classic Clash“, der Zusammenprall von klassischer Musik mit elektronischer – nach diesem  Konzertformat wurde gefragt. In drei Veranstaltungen in Mainz soll damit junges Publikum angesprochen werden. Prof. Hülshoff: Es gebe heute Musiker, die im Konzert Bach spielen und die außerdem komponieren und elektronisch unterstützt experimentieren.  Eine so große Institution wie Villa Musica, mit einem so großen Einfluss in Rheinland-Pfalz, müsse auch so etwas Neues machen.

 

Dank an die FREUNDE

Prof. Hülshoff bedankte sich ausdrücklich bei den FREUNDEN, dass sie über die Jahre viele stehende Ensembles gefördert haben, obwohl die bei der Villa Musica fast gar nicht mehr vorkamen. Jetzt werde auf Ensembles wieder ein Fokus gerichtet sein. So ist neben dem Aramis-Trio auch das bei Wettbewerben erfolgreiche Schumann-Streichquartett aus Düsseldorf/Köln in die Stipendiatenförderung aufgenommen. Die „Freunde“ helfen bei der Finanzierung einer CD und so wird das Schumann-Trio speziell für die FREUNDE bei der Jahresversammlung am 4. Mai 2013  spielen.