Zwei Sonntage mit RheinVokal in Bad Ems und in Bad Neuenahr

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Händel in Rom  - Frühe Kantaten
Astrid Pötz erläutert Römisches im Mamorsaal Bad Ems

Das hat von den 75 FREUNDEN, die am Sonntag, 24. Juni 2007 ins traditionsreiche Bad Ems kamen keiner gewusst:
Der sogenannte Marmorsaal des Kurhauses, der 1839 fertiggestellt wurde, enthält Elemente, die der Architekt Johann Gottfried Gutensohn in römischen Renaissance-Palästen abgeguckt hat. Die fünf Bögen mit dem Durchblick auf die Lahn-Landschaft  sind der Villa Farnesina nachempfunden. Motive von Ausmalungen in Bad Ems stammen aus den Loggien des Vatikan. Die Inspiration zur grünen Plafondecke kommt aus der Kirche Maria Maggiore in Rom.  Freundeskreismitglied Astrid Pötz aus Bad Ems hat sich die Mühe gemacht, das herauszusuchen und erzählt es den FREUNDEN in der Konzertpause. Die Idee für ein klassizistisches Bad Ems an der Lahn entstand im Kopf des Architekten beim Blick auf den Arno in Florenz. Der Herzog von Nassau ließ ihn einen Teil seiner Pläne verwirklichen. Das historische Kurhaus ist bis heute ein Juwel aus der Zeit, in der Europas Hochadel in Bad Ems kurte.

Wo sich im 19. Jahrhundert Kaiser, Zar und Könige unterhalten ließen, hören die FREUNDE nun frühe Kantaten von Georg Friedrich Händel, die er als 24jähriger in Rom geschrieben hat; vor 300 Jahren, ab dem Frühjahr 1707.

Dr. Karl Böhmer von der Villa Musica bietet den FREUNDEN vor dem Konzert wieder einmal eine lehrreiche und lebendige Einführung. Er zeigt auf Stadtplänen die Situation von Rom in der Barockzeit und in welchen Palazzi Händel zu Gast war; es gab 330 Paläste zu der Zeit. Rom hatte damals 120 000 Einwohner. Dagegen war Hamburg, von wo Händel kam, mit 40 000 Einwohnern eine Kleinstadt. Leipzig, aus dem Johann Sebastian Bach nie herauskam, hatte 15 000 Einwohner. Rom nahm den jungen Händel freudig auf und bot ihm ideale Schaffensbedingungen. Seine Geiger waren Schüler Corellis und der Meister selber. Haupt-Mäzen war der Kardinal Benedetto Pamphili. Er ermöglichte es Händel sogar, eine Sopranistin einzusetzen, obwohl der Papst den Auftritt von Frauen in der Kirche verboten hatte und Kastraten den Ton angaben. ( Die Oper war zu dieser Zeit ganz geschlossen; als Bußübung und Dank, weil Rom von einem Erdbeben verschont geblieben war.)

Zu den in Rom entstandenen Kompositionen Händels erläutert Karl Böhmer:
Als veritable Kammermusik für Sopran, kleines Streicherensemble und Cembalo zeigen die Kantaten, wie in einem Brennglas verdichtet, dramatische Szenen aus Mythologie, Epos und römischem Straßenleben. In diesen kompakten Szenen erprobte Händel sein dramatisches Genie ­ und nutzte die melodischen Einfälle später immer wieder für seine großen Londoner Opern und Oratorien. Lange Zeit waren diese Perlen barocker Musik weder im Konzert noch auf CD greifbar, obwohl schon Nikolaus Harnoncourt auf die Genialität gerade des frühen Händel hinwies. So weit Karl Böhmer.

Das Mailänder Ensemble La Risonanza um den Cembalisten Fabio Bonizzoni stellt beim Festival RheinVokal die zweite Folge seines Händel-Kantaten-Projekts vor. Solistin  ist Emanuela Galli, eine auf Barockmusik spezialisierte Sängerin, die ihre Stimme perfekt in das Instrumentalensemble mit den historischen Instrumenten einpasst und so einen homogenen Gesamtklang ohne exaltiertes Solistengehabe ermöglicht: eine großartige Ensembleleistung.

Vor dem Konzert in Häcker’s Kurhotel  Erholungspause bei Kaffe und Kuchen und guten Gesprächen. So kommen sich die FREUNDE immer näher und freuen sich auf das nächste gemeinsame Erlebnis.

 

 

Europagipfel der Musik mit Start in Römervilla

 

Aufgrund des guten Zuspruchs bei RheinVokal in Bad Ems entschloss sich der Vorstand von FREUNDE der Villa Musica, bei Frau Dr. Miller von RheinVokal um Sonderkonditionen für ein weiteres Konzert nachzufragen. Das Abschlusskonzert mit der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz und der bei Kennern berühmten  Mezzosopranistin Dagmar Peckerova im Kurhaus Bad Neuenahr wurde angeboten. Das ergab die Idee, vorab die archäologische Ausgrabungsstätte „Römervilla“ zu besuchen. Für den Imbiss vor dem Konzert buchte die Vorsitzende der FREUNDE das „Weinhaus St. Peter“ in Walporzheim  und am 27. Juni ging kurzfristig die Einladung nach Bad Neuenahr-Ahrweiler heraus für Sonntag den 15. Juli 2007. Unser zweiter Vorsitzender Georg Kretkowski, der  aus Mainz angereist kam, schreibt darüber:

Auch Kurzfristigkeit ist für die Freunde kein Problem. 45 Mitglieder unseres Vereins folgten der Einladung nach Bad Neuenahr-Ahrweiler zu RheinVokal und erlebten einen Sonntag der besonderen Art. Für die 10 Unternehmungslustigen aus Mainz  war ein Bustransfer durch die Villa Musica organisiert. Der Bus transportierte auch den Wein, mit dem vor der Römervilla in Ahrweiler am Fuße der Weinberge alle inzwischen angereisten Freunde an einem heißen Sommersonntag willkommen geheißen wurden.

Unter sachkundiger und kurzweiliger Führung konnte die Gruppe die römische Villa erkunden. Sie stammt aus dem 1. bis 3. Jahrhunderts n.Chr. , wurde 1980 bei Bauarbeiten am Fuße des Silberbergs entdeckt und gehört  wegen ihres hervorragenden Erhaltungszustandes zu den aussagekräftigsten römerzeitlichen Anwesen nördlich der Alpen.

Sicherlich haben die früheren Bewohner bei vergleichbaren Temperaturen ebenso geschwitzt wie die FREUNDE der Villa Musica bei der Besichtigung. Allerdings konnten sich die römischen Hausbewohner in ihrer Badeanlage Erfrischung verschaffen, was den Freunden wegen der in nahezu 2000 Jahren aufgetretenen baulichen Mängel nicht vergönnt war. Dennoch waren die Einblicke in den Alltag der Menschen, die einst hier lebten und arbeiteten, sehr eindrucksvoll, wozu interessante Baudetails beitrugen wie die Hypokausten, Fenster- und Türöffnungen, ein Schiebeladen, Treppenfragmente und Überreste der originalen Wandmalereien in außergewöhnlicher Farbigkeit.

Ein Imbiss im schattigen Garten des Romantikrestaurants St. Peter in Walporzheim und die kühlen Getränke dienten gleichermaßen der Entspannung und Erfrischung wie auch dem angeregten Gespräch der zusammen sitzenden Freunde der Villa Musica.

Wirklich krönender Abschluss des Tages war dann das RheinVokal-Konzert im Jugendstil-Kurtheater in Bad Neuenahr.

Das Konzert begann mit der Suite im alten Stil „Aus Holbergs Zeit“ des Norwegers Edvard Grieg mit der die Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz unter der Leitung des Finnen Ari Rasilainen. Danach bot die Mezzosopranistin Dagmar Pecková, die schon auf allen großen Opernbühnen mit vielen wichtigen Orchestern aufgetreten ist, mit ihren Folksongs, verarbeitet von Komponisten des 20. Jahrhunderts, eine musikalische Reise durch Europa. Die stimmungsvollen „Chants d`Auvergne“ von Joseph Canteloube beschworen geradezu die Landschaft herauf, aus der diese Lieder stammen. Die dramatische Mezzosopranistin Dagmar Peckerova bewies sich als technisch perfekte Vokalistin mit enormer Modulationsfähigkeit und Gestaltungstiefe. Ihre Stimme verschmolz mit dem Orchester zu einer Einheit, die berauschende Klänge hervorbrachte. Der Text der Volkslieder war mit deutscher Übersetzung im Programmheft gedruckt. Doch als am Ende das Aserbaidschanische Liebeslied erklang, das sich nicht übersetzen lässt, bestätigte sich die Erfahrung, dass Musik, die von Herzen kommt, keine Worte braucht, um verstanden zu werden.

Trotz zügiger und angenehmer Heimfahrt war es dann doch fast Mitternacht, bis die letzten Freunde wieder zuhause waren. Macht nichts! Schlaf lässt sich nachholen, ein solcher Sonntag mit den Freunden der Villa Musica nicht.

Andreas Pecht in der Rhein-Zeitung zu dem Konzert:
Eine Herausforderung und ein Sangesfest für die Solistin: Sie darf die ganze Spannbreite ihrer Stimme auffächern, vom vollen Opernpathos über soulige Wehmut bis zur keck-volkstümlichen, zungenbrecherischen Spöttelei über die lachhaften Seiten der Liebe.