Impressionen BURGENKLASSIK 2022

Von Barbara Harnischfeger

Das war nicht wie Mai, das war vielmehr Sommergefühl, was die Besucher bei „Burgenklassik“ am Mittelrhein 2022 hatten. Zwischen dem 13. und dem 22. Mai sechs Konzerte mit Burgführung, Pausengesprächen beim Wein, herrlichem Wetter in der Kulisse von Schloss Engers, auf Stolzenfels, auf der Marksburg, auf Rheinfels, auf Burg Maus und zum Finale auf der Preußischen Festung Ehrenbreitstein. Prof. Alexander Hülshoff, der Künstlerische Direktor von Villa Musica, hatte romantische Werke in Besetzung bis zum Septett ausgesucht. In sechs Stipendiatenprojekten der Kammermusikakademie Villa Musica wurden mit sechs unterschiedlichen Ensembles jeweils eigene Programme erarbeitet. An der Spitze hochkarätige Dozenten, die dann auch in den Konzerten mitspielten – wie es Prinzip der Villa Musica ist. Das Publikum kam zu Burgenklassik aus allen Landesteilen, darunter viele „Freunde der Villa Musica“. Neue Freunde wurden als Mitglied des Förderkreises gewonnen.

Mein schönstes Erlebnis am Rande:

Ich als Gastgeberin für Villa Musica und deren Freundeskreis versuche in der Konzertpause mit möglichst vielen Menschen zu sprechen, frage, woher sie kommen, warum sie ein Konzert der Villa Musica besuchen, woher sie davon wissen, hole feed back ein.

Ich erkenne in der Konzertpause auf Ehrenbreitstein Frau Karrich und sage Hallo. (Die Familie Karrich besaß die Villa Michels in Andernach und veranstaltete dort Jahrzehnte lang Kammerkonzerte mit jungen Musikern.) In Begleitung von Frau Karrich ist eine etwa 40jährige Frau und die sagt, ohne dass ich frage:

„Ich höre eigentlich immer so was wie Pink Floyd. Aber hier die Musiker direkt zu sehen, das war toll, das hat mir gefallen“. Die Fachfrau Karrich differenziert die Leistung der Primaria und die der zweiten Violine. Reaktion ihrer Begleiterin: „Das habe ich nicht gehört. Mir hat alles gefallen“. Jetzt bin ich doch neugierig und frage: Sie hören sonst überhaupt keine klassische Musik? Antwort: Mein Sohn hört Sinfonien, da muss ich mithören. Frage: Wie kommt er darauf, wenn Sie Pink Floyd hören? Antwort: „Das hat er von seinem Vater. Mir gefällt das nicht. Aber hier, heute jedes einzelne Instrument zu sehen und zu hören, das war schön“. Ich noch mal zu Frau Karrich: Das beschäftigt uns Klassik-Liebhaber doch ständig: wie kann man junge Menschen an diese Musik heranführen. Frau Karrich: „Einfach mitnehmen“.

Im Folgenden gebe ich einige kurze Eindrücke wieder, wie ich sie auch auf facebook und instagram gepostet oder für die Internetseite der Villa Musica berichtet habe.


Schloss Engers,

ehemals Burg Kunostein und erst 1762 zum Barockschloss ausgebaut. Hier beginnt Burgenklassik in vertrauter Kulisse. Schwelgen im üppigen Streicherklang. Der Künstlerische Direktor der Villa Musica, Alexander Hülshoff, leitet vom ersten Cello aus zwei der schönsten Streicherstücke, die jemals geschrieben wurden: das Streichsextett Opus 48 von Antonín Dvořák und die „Metamorphosen“ von Richard Strauss in der Urfassung für Streichseptett. Sechs fantastische junge Streicher formt der erfahrene Solist und Kammermusiker Alexander Hülshoff zum Ensemble: Geiger, Bratschisten, Cellisten und eine Kontrabassistin aus Tokio, Hongkong und Deutschland. Sie alle lernen bei Villa Musica, zwar in solistischen Passagen zu glänzen, sich aber einzuordnen, aufeinander zu hören, gemeinsam zu atmen und zu einer klanglichen Einheit zu verschmelzen.

„Freunde der Villa Musica e.V.“ unterstützen die Ausbildungsprojekte der Villa Musica und helfen bei der Durchführung und Präsentation der Reihe „Burgenklassik“ finanziell und tatkräftig.

 


Stolzenfels

Traumhafte Kulisse bei meinem ehrenamtlichen Einsatz heute:
„Eine Gegend wie ein Dichtertraum“, sagte Heinrich von Kleist - und der Opus Klassik-Preisträger und SONY-Classical-Geiger Niklas Liepe spielte mit jungen Spitzenkräften der VILLA MUSICA den Soundtrack dazu. BURGENKLASSIK auf Stolzenfels, dem Inbegriff der Rheinromantik. Das Publikum war wie einst der Preußenprinz Friedrich Wilhelm, als er aus Berlin an den Rhein kam und mit dem Architekten Schinkel eine Ruine für den Ausbau zum Sommersitz suchte „matt vor Seligkeit“.

 


Marksburg

Ich komme einfach nicht umhin, meiner Begeisterung Ausdruck zu verleihen. Das war wieder ein sooo schönes Konzert, gestern bei Burgenklassik der Villa Musica auf der Marksburg – mit dem aus Israel stammenden Weltklasse-Cellisten Matt Haimovitz, der den warmen romantischen Ton nicht scheut, welchen er bei seinen Lehrmeistern in den USA aufgesaugt hat. Die jungen Profis der Villa Musica sind mitgenommen und bringen Klangfarben vom Feinsten. Max Bruch und Johannes Brahms zum Dahinschmelzen. In der Pause und zum Ausklang get together mit Blick auf den Rhein bei herrlichem Sommerwetter. Danke Patrick Hessler, dem aufmerksam liebevollen Pächter der Marksburgschänke, unserem Host. Auch die Musiker sind happy, wie man auf ihrem Selfie sieht.

Ausführlicher Artikel zu Burgenklassik auf der Marksburg

 


Rheinfels

Auf Burg Rheinfels in St. Goar hat Bürgermeister Falko Hönisch erstmals den Museumsraum als Konzertort für die Villa Musica angeboten, einen angenehm wohl temperierten Raum. Vier Bläser und ihr glückliches Publikum dankten es ihm: Klarinetten-Dozent Irvin Venys aus Prag mit Flötistin Zofia Neugebauer, Oboist Kilian Debus und Fagottist Adam Pisek. Ein ungedämpft klingender gotischer Gewölbesaal – kein Vergleich mit dem muffigen Hansensaal der letzten Jahre. Am einzigen Regenabend von Burgenklassik saßen die Konzertbesucher beruhigt im Trockenen. Geregnet hat es nur während des Konzertes. In der Pause, bei dann frischer sauberer Luft nach einem schwülen Tag, konnten Musiker, Publikum und Mitveranstalter schon wieder im Freien zusammenstehen.

 


Burg Maus

Wieder ein erfüllter Tag am Mittelrhein. BURGENKLASSIK der Villa Musica auf Burg Maus oberhalb Wellmich, Verbandsgemeinde Loreley. Die Burg ist in Privatbesitz und normalerweise nicht zu besichtigen. So war der Andrang zur Burgführung groß. Im Rittersaal spielte dann das Kukal Quartett, Stipendiaten der Tschechischen Kammermusikakademie Prag. Diese ist nach dem Vorbild der Villa Musica von einem Ex-Stipendiaten vor sieben Jahren gegründet worden. Mit dem Kukal Quartett spielen zwei ehemalige Villa Musica-Stipendiaten, die eine Orchesterkarriere gemacht haben: Kilian Debus, heute Solooboist bei der Nordwestdeutschen Philharmonie und Mischa Meyer, Solocellist beim Deutschen Radiosymphonieorchester Berlin als Dozent. Sie gaben mit dem Oboenquartett in F-Dur von Mozart und mit dem Streichquintett C-Dur von Franz Schubert ein hinreißendes Konzert.

 


Festung Ehrenbreitstein

Die ab 1816 von den Preußen gebaute Großfestung gegen Frankreich ist heute Sitz des Landesmuseums Koblenz und als Gesamtanlage Kulturzentrum mit vielen Großveranstaltungen im Jahr. „Villa Musica ist unser Partner für den klassischen Bereich“, sagte der Direktor, Dr. Andreas Schmauder, bei seiner Begrüßung des Publikums und: „Villa Musica steht für höchste Qualität, eine interessante Programmgestaltung und ungewöhnlich hochtalentierte Musikerinnen und Musiker“.

Diesmal waren es Gäste aus Prag: das Kukal Quartett, Stipendiaten der Tschechischen Kammermusikakademie von Tomáš Jamník. Der meldete sich bei mir auf meinem facebook Account, in dem ich über Burgenklassik berichte und schrieb: „Schon sieben Jahre unsere Partnerschaft mit Villa Musica. Bald feiern wir Zehnjähriges.“ Tomáš Jamník war selbst einmal Stipendiat der Villa Musica in Rheinland-Pfalz und hat sich das System der Hochbegabtenförderung durch Kurs und Konzert mit Lehrenden und Lernenden Pult an Pult für Prag abgeschaut, die Tschechische Kammermusikakademie gegründet.


 

Ganz nah dran an den Musikern

Liebling des Abends war der arrivierte Klarinettist Irvin Venyš aus Prag, der schon bei den vorhergehenden Konzerten auf Burg Maus und auf Rheinfels als Dozent mitwirkte. Sein samt-weicher Ton beim Mozart-Klarinettenquintett war es, der betörte. Nach dem Konzert zeigten ihm einige Frauen noch lange ihre Bewunderung, und er erklärte ihnen seine hellbraune Klarinette aus besonders edlem Holz und die Spielweise des Instrumentes. Die Menschen waren, wie es die Freunde der Villa Musica versprechen, wieder ganz nah dran an den Musikern.

Zur guten Stimmung trug sicher auch bei, dass ein hervorragender Wein ausgeschenkt wurde, und zwar von Direktor Schmauder und vom Vorsitzenden des Förderkreises Kulturzentrum Festung Ehrenbreitstein, Hans-Ulrich Stelter. Dieser Verein besitzt und pflegt in Winningen an der Mosel Rebstöcke in der Steillage. Das Weingut Richter baut den Wein aus, und der Verein bietet ihn an bei Veranstaltungen der Generaldirektion Kulturelles Erbe, gegen Spende. Der Erlös kommt Projekten im Kulturzentrum und im Landesmuseum zugute.

Gastgeberin für Villa Musica

Sieben Konzerte von Villa Musica in zwei Wochen, medial vorbereitet, präsentiert und nachbereitet – das Freunde-Ehrenamt für Villa Musica nimmt Formen anAber schön war’s bei „Burgenklassik“ im Welterbe Oberes Mittelrheintal. Die Musiker des Kukal Quartetts und der Klarinettist Irvin Venis reisen ab – zunächst mit dem Caddy bis zum Parkplatz, dann, nach einer letzten Übernachtung in der Kammermusikakademie in Engers, geht’s zurück nach Prag. I c h denke schon an die BUGA 2029. Auch da muss Musik rein in die alten Gemäuer. Natürlich Kammermusik, gespielt von enthusiastischen jungen Könnern der Villa Musica.