Unser Oscar ist der STERN

Bratschist Gordon Lau aus Hongkong erhielt den STERN Villa Musica 2023

Sehen Sie, was der Preisträger selbst in social media bei facebook darüber postet:

Die Fotos zeigen es: Gordon Lau will seine Fähigkeiten ausleben.
Er spielt Bratsche solo, er rezitiert, er singt, er spielt im Streichquartett - alles zusammen in einem einzigen Konzert.
Zur Entgegennahme des STERN Villa Musica 2023, der von den „Freunden der Villa Musica“ mit 5000 Euro dotiert ist, bot der 24jährige Stipendiat am Sonntag, 1.Oktober 2023 in Schloss Engers ein Programm, das überraschte. Der Kammermusik-Stipendiat hatte vor vorwiegend Freundeskreismitgliedern quasi ein Heimspiel und konnte ein neues Format ausprobieren. Zunächst war das Publikum etwas ratlos, denn es gab keinen Ablauf der Stücke im Programmheft. Gordon Lau wollte selbst moderieren, eigene Prosa vortragen und Schubert-Lieder singen. Nach und nach zog er die Zuhörer in seinen Bann.

Prof. Alexander Hülshoff, der Künstlerische Leiter der Landesstiftung Villa Musica, hatte Gordon Lau als Preisträger ausgesucht und dem Freunde-Vorstand dazu geschrieben: Seine Offenheit und seine Neugierde auf jedes Werk, auf jeden Dozenten, auf die weiteren Stipendiaten, diese innere Kraft jede Probe und Konzert auszugestalten, immer weiter zu gehen in der Entstehung der Interpretationen bei den Proben im Schloss Engers und bei den Konzerten im ganzen Bundesland, haben ihn zu einem zentralen und erfolgreichen Stipendiaten der Villa Musica wachsen lassen. Seine Natürlichkeit im Spiel kommt sicher von seinem zweiten Instrument, seiner Stimme. So etwas habe ich in all den Jahren bei der Villa Musica wirklich noch nie erlebt, dass ein Spitzeninstrumentalist auch ein guter Sänger ist. Nun wird er sich in nächster Zukunft seinem dritten Instrument intensiv widmen, dem Streichquartett.“

Als 16jähriger zum Studium von Hongkong nach Deutschland

Gordon Lau, geboren 1999 in Hongkong, ist der Sohn zweier Musiker. Der Vater spielt Geige und Bratsche, die Mutter Klavier. „Sie sind Lehrer für Anfänger“, berichtet Gordon. Er spielte als Kind zunächst Geige, dann Bratsche. Seine Liebe zum Gesang habe er als Mitglied im Hong Kong Children’s Choir entdeckt. In seiner Familie sei immer klar gewesen, dass man seinen Weg als Musiker nur in den USA oder in Deutschland gehen könne und er habe hier wie da Lehrern vorgespielt. Als 16jähriger entschied er sich für Deutschland, ging zunächst nach Wuppertal in eine Außenstelle der Musikhochschule Köln. Sein Wuppertaler Lehrer Werner Dickel sei zu seinem zweiten Vater geworden. Bei ihm hat er sein Bachelor-Studium gemacht, ihm habe er sich mit allem anvertrauen können. So nebenbei nahm Gordon in Wuppertal ein paar Gesangsstunden bei dem Countertenor Kai Wessel. Gordon Lau singt zart und schön, artikuliert erstaunlich gut, wie man auf einem Mitschnitt seines Preisträger-Konzertes hören kann, der demnächst auf youtube zugänglich sein wird. Aber Gordon sagt: „Das Singen bleibt Hobby“. Um sich auf der Bratsche zu vervollkommnen und weil ihm Wuppertal als Stadt zu klein gewesen sei, ging Gordon nach Berlin, bestand die Aufnahmeprüfung bei Tabea Zimmermann. (Gesang studierte er in Berlin zwei Semester nebenbei.)

Daniel Hope präsentierte ihn als „next generation“

Während der COVID-Pandemie im Jahr 2020 waren Gordon Lau und sein Cello spielender Bruder, der ihm nach Deutschland gefolgt ist, in der TV-Show Hope@Home zu erleben: Gastgeber Daniel Hope, gesendet auf ARTE.tv. Hope war es wohl auch, der ihn zum Gstaad Menuhin Festival einlud. Zudem war Gordon Lau schon Solo-Bratschist beim Schleswig-Holstein Musik Festival und anderen Orchestern. Kai Link, der Manager der Kammermusikakademie von Villa Musica in Schloss Engers, der die Stipendiaten am Besten kennt, sagt: Gordon würde mit Leichtigkeit eine Akademisten-Stelle bei einem großen Orchester bekommen. Aber, der 24jährige ist momentan auf Kammermusik fixiert, erzählt, er wolle sein Viatores-Quartett musikalisch formen und voranbringen, da sei es hinderlich, Orchesterverpflichtungen zu haben.

Berühmte Lehrerin Tabea Zimmermann

Gordon will seinen Master machen, studiert derzeit im ersten Semester Kammermusik bei Tabea Zimmermann. Die berühmte Bratschistin ist von der Hanns Eisler Hochschule in Berlin zur Hochschule für Musik und Darstellende Kunst nach Frankfurt gewechselt. Und deshalb fährt Gordon mindestens einmal pro Monat mit seinen beiden Kollegen und der Kollegin vom Quartett im Zug nach Frankfurt für drei bis vier Tage. Wohnen bleiben will er, wie die anderen in Berlin.

Gordon Lau ist ein Ausbund an Kreativität.
Er könne auch gut organisieren, sagt er von sich. Er verbringe viel Zeit und Energie mit Experimenten, um all seine Interessen zu verbinden. Eine Balance müsse er erst noch finden. Das Konzert zur STERN-Verleihung im Schloss Engers war jedenfalls die Chance, ein ganz eigenes Konzept auszuprobieren. Für den ersten Teil des Konzertes hatte er eine Art Fantasie mit dem Titel Ein Tanz im Mondenschein kreiert: selbst geschriebene Prosa vortragen, Schubert-Lieder singen, Viola-Stücke von Clara Schumann und Manuel de Falla mit Klavierbegleitung spielen und dann noch das Mendelssohn Streichquartett in a-Moll und das alles im Diana-Saal von Schloss Engers vor erwartungsfrohem Publikum als perfekte Plattform. Gordon Lau: „Es war ein Abend wie ein Traum“.

Pokal und Urkunde zum STERN Villa Musica 2023
überreichte Alfons Moritz, der Zweite Vorsitzende von „Freunde der Villa Musica e.V.“, im Bild rechts. Die Freundeskreismitglieder Michael und Agija Kemmann, Inhaber der Firma ADAPT Localization Services GmbH in Bonn (Übersetzung medizinischer Fachtexte), hatten dieses Jahr das Preisgeld von 5000 Euro gespendet. Herr Kemmann spielt übrigens selbst Geige und war wie auch Alfons Moritz 2017 Mitglied im „Orchester für einen Tag“ bei unserem 20jährigen Bestehen. Zum Gordon Lau-Auftritt mit dem Viatores Quartett bei der Preisverleihung berichtet Alfons Moritz: „Die Zuhörer erlebten ein Mendelssohn Quartett von ungeheurer Impulsivität bei sensibel ausbalancierter Klangdichte, bezaubernden Pianissimo-Passagen und einer höchst lebendigen Interpretation – Kammermusik vom Allerfeinsten. Von den Viatores wird man mit Sicherheit noch hören.“