Fauré-Quartett: Ein Organismus mit vier Herzen

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Fauré-Quartett in Gespräch und Konzert

Lobeshymnen von großen Feuilletons und von Musikerkollegen pflastern den Weg dieses  Klavierquartetts, das sich 1995 an der Hochschule in Karlsruhe zusammengefunden hatte. Seitdem machen sie nichts als Kammermusik und zählen inzwischen zu den renommiertesten deutschen Ensembles, gelten als bestes ihrer Gattung. 2006 haben sie Mozarts Klavierquartette eingespielt und einen Plattenvertrag von der Deutschen Grammophon bekommen. Wie ist das gelungen? Sich bekannt machen und immer wieder in Erinnerung bringen. Es ist viel Management-Arbeit, berichtet Dirk Mommertz, der Pianist, der diese Aufgabe in der Vergangenheit übernommen hatte. Jetzt spielen sie bei allen renommierten Festivals von Berlin bis Paris, von London bis New York. Demnächst sind sie in Japan engagiert. Dort werden jetzt schon die meisten ihrer CDs verkauft.

Bei Villa Musica spielte das Fauré-Quartett Anfang März 2007 in Schloss Engers zur Eröffnung der Villa Musica-Reihe „Musik in Burgen und Schlössern“, live übertragen von SWR2. Am 5. März trat das hochklassige Ensemble im Kulturhaus Oberwesel auf. Dort füllten rund 100 FREUNDE der Villa Musica  den Konzertsaal und waren begeistert vom Klang und vom Zusammenspiel der vier Instrumentalisten. „Wir sind ein Organismus mit vier Herzen“, kommentierte Bratschist Sascha Fröbling im vorausgegangenen Interview, das Barbara Harnischfeger, die Vorsitzende von FREUNDE der Villa Musica führte.

Zwei der Ensemble-Mitglieder waren am Ende ihres Studiums Stipendiaten der Villa Musica : Erika Geldsetzer, Violine und Konstantin Heidrich, Cello. Villa Musica-Dozent Martin Ostertag sagt über das Fauré-Quartett: „Sie spielen jugendlich frisch und zupackend, aber auch mit außergewöhnlicher Poesie. Die Geigerin ist die klangliche Seele des Quartetts.“ Wird so ein Klang bewusst kreiiert? Ja, wir nehmen uns gelegentlich auf und wir kontrollieren den Klang und den Klangausgleich zwischen den Instrumenten, sagt Konstantin Heidrich sinngemäß. Der Cellist ist auch derjenige, der zu erklären versucht, wie Schönheit und Kraft eines Tones entstehen. Es sei wichtig, die eigene Energie auf sein Instrument zu übertragen. Das sei wie beim Tai Chi; die Energie müsse fließen und sich auf den Bogendruck auswirken, durch das Eigengewicht des Armes, nicht aus den Gelenken. „Mein Körper ist das Instrument mit dem ich das Cello bediene. Dazu muss ich atmen wie ein Sänger – nur man sollte den Atem möglichst nicht hören.“ Und den Klang muss ich mir vorstellen, um ihn zu erzeugen.

Wie wichtig ist die Qualität, das Alter eines Instrumentes für den Spieler? Sehr wichtig. Nur ein eingespieltes Instrument reagiere verlässlich und bringe das hervor was der Musiker sich vorstellt. Sowohl Konstantin Heidrich wie auch Erika Geldsetzer spielten am Beginn ihrer Laufbahn  eines der wertvollen Leihinstrumente aus der Landessammlung Rheinland-Pfalz. Und sie bestätigen: gerade für junge Musiker ist es wichtig, ein wertvolles Instrument zu haben, damit sie überhaupt erleben können, welchen Ton sie imstande sind herzubringen.

Impressionistisch und teilweise geradezu sphärenhaft war der Klang des Klavierquartetts in d-Moll von William Walton (1902-1983). Als 16jähriger hat der Engländer  aus seinen Eindrücken von Schönberg, Strauss, Strawinsky heraus komponiert.

Zentraler Programmpunkt war aber das Klavierquartett in A-Dur von Johannes Brahms.

Dr. Karl Böhmer von der Villa Musica erläuterte den Konzertbesuchern, dass erst mit Brahms das Klavierquartett seinen Stellenwert bekam. Die Bratsche spielt die wichtige Rolle der Mittelstimme, die ein Streichtrio mit dem Klavierpart verbindet. „Beide können sich verselbständigen, aber am Schönsten ist es, wenn alle vier Instrumente verschmelzen“, so Böhmer. Der Musikwissenschaftler gab seinen Zuhörern Partiturauszüge an die Hand und erläuterte ihnen Aspekte des Kompositionsschemas, wies auf Anklänge Schumanns hin oder auf  ungarische Tönungen. Von seinen Sinfonien sei Brahms zum Zeitpunkt der Komposition des A-Dur Quartetts noch entfernt gewesen, jedoch transzendiere dieses fast einstündige Werk der Kammermusik in seiner Dichte hin zu Orchestermusik.

Begonnen hatte der Tag der FREUNDE von Villa Musica am Morgen mit einer Führung durch das mittelalterliche Oberwesel mit seinen 16 Wehrtürmen . Besonders Interesse bestand an der Liebfrauenkirche, einem bedeutenden Bau der Hochgotik. Nachdem die FREUNDE das Ende des sonntäglichen Gottesdienstes abgewartet hatten, konnten sie im Kircheninneren den Lettner mit seinem gotischen Maßwerk bestaunen, der den Chor als liturgischen Raum der Stiftsherren vom Langhaus trennt. Höchste Bewunderung rief der um 1330 holzgeschnitzte Goldaltar hervor. Der dreiflügelige Altar ist wie die Fassade einer gotischen Kathedrale gestaltet mit Pfeilern, Arkaden, Wimpergen und Rosetten. In zwei Zonen übereinander stehen vor Goldgrund die farbig gefassten Figuren. Sie erzählen die Erlösungsgeschichte. In den 70er Jahren wurde ein Großteil der Figuren geraubt. Später tauchten sie bei einem belgischen Antiquitätenhändler auf und konnten zurückgebracht werden.

Während des Villa Musica-Konzertes und der vorgeschalteten Begegnungen am Nachmittag waren die FREUNDE der Villa Musica zu Gast im Kulturhaus Oberwesel, das der Oberweseler Anton Heinrich Hütte und seine Frau gestiftet haben. Inmitten der stadtgeschichtlichen Ausstellung des Museums und der Exponate zum Thema Mittelrhein waren die Kaffetische gedeckt und die FREUNDE konnten sich ungehindert bewegen. Dank an Frau Busch, die Leiterin des Kulturhauses, die zusammen mit Kai Link alles arrangiert hatte.

Wer sich für diese Veranstaltungsstätte und das Museum interessiert:
http://www.kulturhaus-oberwesel.de/