Französin ist der Stern Villa Musica 2020

Preisträgerkonzert am 1. März noch ganz ohne Distanz

Charlotte Chahuneau aus Paris ist der Stern Villa Musica 2020. Zusammen mit ihrem Partner am Klavier, dem Japaner Kenji Miura, posiert sie für das Foto mit den FREUNDEN der Villa Musica nach dem öffentlichen Konzert zur Preisverleihung am 1. März 2020 in der Alten Kirche Spay. Während des Konzertes ist eine besondere Schwingung im Raum. Was die Künstler auf der Bühne geben findet reichen Resonanzraum in den Körpern und den Seelen der Zuhörer. Das Publikum ist mäuschenstill und aufmerksam – als ob man geahnt hätte, dass uns eine lange Zeit ohne Musik live bevorsteht.

Diese Preisverleihung Stern Villa Musica 2020 werden die FREUNDE der Villa Musica garantiert in Erinnerung behalten: aufgrund der wunderbaren Musikdarbietungen – Clara Schumann, Beethoven, Fauré und Strawinsky -, aber auch wegen der menschlichen Begegnungen ohne Abstandsvorschriften und ohne Maske. (Zehn Tage später setzt der Corona-Lockdown ein.) Die Stiftung Krautkrämer als Veranstalter in Spay und Gastgeber für das Villa Musica-Konzert befördert angeregte Pausengespräche durch das Geschenk von köstlichem Wein des Winzers Weingart an alle Besucher. Und nach dem Konzert treffen sich 27 „Freunde der Villa Musica“ im „Alten Posthof“ in Spay zum Ausklang des Tages. Eigens aus Paris gekommen sind die Eltern von Charlotte Chahuneau und ihre grand-mère. Der Vater ist Ingenieur, die Mutter Psychoanalystin. Freundeskreismitglied Odina Diephaus, ehemals Konferenzdolmetscherin für Französisch bei der Europäischen Union ist als Tischdame der Gäste aus Paris Gold wert.

Charlotte Chahuneau, die in Berlin ihre Masterstudium gemacht hat, ist Stipendiatin der Villa Musica zwischen 2016 und 2020. Sie hat an vielen Kurs- und Konzert-Projekten mitgewirkt. Dabei fiel sie dem Künstlerischen Direktor Prof. Hülshoff und dem Manager der Kammermusikakademie, Kai Link, als besonders engagiert und teamfähig auf. „Ihre instrumentalen und interpretatorischen Fähigkeiten zeigen ein sehr hohes Niveau, und ihre musikalische Flexibilität befähigt sie zu kammermusikalischer Höchstleistung“, heißt es in der Urkunde, die Barbara Harnischfeger als Freundeskreisvorsitzende samt Trophäe überreicht. Drei Freundeskreismitglieder hatten das Preisgeld von 3000 Euro gespendet.

Charlotte spielt während ihrer Villa Musica-Zeit eine besondere Geige, eine Giovanni Battista Rogeri aus dem Jahr 1678. Die aus Wiesbaden stammende Helga Dyckerhoff überlässt der Villa Musica dieses Instrument zum Ausleihen an junge Hochbegabte. Frau Dyckerhoff lebt jetzt in Kanada. Ihr Mann hatte die Geige selbst als Liebhaber gespielt. Sein Kammermusikpartner Christoph Richter sorgte nach dem Tod des Freundes dafür, dass die Geige nicht nach Kanada geht und er hat die Verbindung zur Villa Musica hergestellt. Das Ehepaar Richter kam in den Genuss, die Rogeri-Geige zu hören am 29. April beim Konzert SPITZENKLÄNGE in der Villa Musica in Mainz, als auch die Instrumente aus der Landessammlung Rheinland-Pfalz gespielt wurden. Auch bei diesem Konzert trat Charlotte Chahuneau auf und es entstand das Foto mit Richters.

Charlotte muss die wertvolle Violine – „sie hat eine Seele mit großer Geschichte“ - natürlich wieder abgeben, damit sie anderen Stipendiaten zugute kommt. Die junge Musikerin sagt, sie werde den besonderen Zauber des Klangs vermissen, aber: „Ich hoffe, ich nehme diese Klangvorstellung mit, habe die Erfahrung im Kopf und kann sie auf meine moderne Geige übertragen.“

Im Interview erzählt Charlotte auch, warum sie Paris verlassen hat und zum Masterstudium nach Berlin gegangen ist: „Ich wollte die deutsche Kultur kennen lernen. Deutsche und österreichische Komponisten studiert man hier am Besten. Um den Notentext zu verstehen ist Deutschland sehr wichtig für mich.“

In Berlin war Charlotte eine Zeit lang Akademistin bei der Staatskapelle Berlin. Von daher weiß sie, dass Teamgeist, das Aufeinander hören und aufeinander achten, wie man es bei der Villa Musica lernt, auch im Orchester wichtig ist. Kammermusik sei die beste Schule. Und die Villa Musica bringt wertvolle Konzerterfahrung. An der Hochschule gebe es für Kammermusikkonzerte kaum Möglichkeiten, ergänzt Kenji Miura, der zunächst in London und dann ebenso wie Charlotte in Berlin studierte. Er bildet mit ihr und mit dem Cellisten Konstantin Bruhns ein festes Klaviertrio. Bei der Villa Musica kennen gelernt hatten sich zuerst Charlotte und Konstantin (er ist übrigens Villa Musica Stern 2019). Und ihren festen Freund hat Charlotte auch bei der Villa Musica kennen gelernt, Mathis Rochat, einen hervorragenden Bratschisten. Bis Sommer 2020 hat Charlotte eine halbe Stelle bei der Staatskapelle Berlin in Verlängerung ihrer Akademistenzeit. Jetzt steht für sie ein interdisziplinäres Master-Projekt an der Pariser Kunsthochschule an. Es geht es um die Stellung der Kunst in der Gesellschaft. Forscher wollen im Zusammenwirken mit Musikern, Tänzern, Managern, Designern, neue Konzepte im Kontext der Ökologischen Krise und der Corona-Krise finden.

Noch ein Wort zu dem in Dubai und in London aufgewachsenen Pianisten Kenji Miura. Er soll bei dem Stern Villa Musica-Konzert nicht nur als Begleiter durchgehen. Er ist schon sehr weit auf der Erfolgsleiter. Er hat beim Concours Long-Thibaud-Crespin im Dezember 2019, bei dem Martha Argerich als Präsidentin fungierte, den Ersten Preis errungen. Dazu den Sonderpreis von Warner Classics, was ihm die Herausgabe einer CD einbringt. Dazu gewann er den Preis der englischen Agentur HarrisonParrott. Die vertritt ihn jetzt und vermittelt ihm Konzerte von Japan bis in die USA. Mehr als 50 im Jahr wolle er aber nicht geben, sagt der 26jährige und wirkt nach wie vor bescheiden. Ausgangspunkt seiner Konzertreisen wird übrigens Berlin bleiben, wo er studiert hat. Hier werde er eine Wohnung kaufen und heiraten, eine Projektmanagerin, keine Musikerin. Ein Jammer, dass durch die Corona Pandemie die geplanten Auftritte in der weiten Welt erst einmal nicht stattfinden können.

Aber der Mainzer Musiksommer von Mainz Klassik mit Beteiligung von Villa Musica findet statt. Die Konzerte sind in den großen Saal des Kurfürstliche Schlosses verlegt, damit der vorgeschriebene Abstand im Publikum gehalten werden kann. Beim Mainzer Musiksommer werden Charlotte Chahuneau und Kenji Miura als Beitrag ihr Duo-Programm mit Klara Schumann, Beethoven und Strawinsky am 9. August 2020 noch einmal spielen. Präsentiert werden sie dann von Alfons Moritz, dem in Mainz lebenden Zweiten Vorsitzenden von „Freunde der Villa Musica e.V.“

Und hier noch ein Foto vom Konzert SPITZENKLÄNGE in der Villa Musica am 29. April 2020. Charlotte Chahuneau (rechts) mit der Geige aus dem Besitz Helga Dyckerhoff und Stipendiaten, die auch ein wertvolles Leihinstrument spielen, und zwar aus der Landessammlung Rheinland-Pfalz. Die Freunde der Villa Musica übernehmen für die jungen Musiker die Hälfte der Versicherungssumme.