Viviane Hagner lässt Publikum rätseln

 

Glauben Sie, ich spiele eine alte Geige oder eine neue?

Eine Sasserno Stradivari von 1717 war das Instrument, das Viviane Hagner bis 2012 zur  Verfügung hatte –  aus der Nippon-Stiftung: das kann man im Internet nachlesen. Und jetzt? Was für eine Geige spielt sie im Konzert der Villa Musica am 13. April 2014 in Schloss Engers? Die Zuhörer interessieren sich dafür. Und Barbara Harnischfeger befragt die Künstlerin im Interview zu Ihrem Instrument. Viviane Hagner macht ein Quiz daraus: Was denken Sie, fragt sie ins Publikum: Ist es eine alte Geige oder eine neue? Die Abstimmung geht Halbe/Halbe aus. Und? Lange Pause. Ja, es ist eine Stradivari, murmelt die Geigerin in einem Tonfall, der Fragen nach der Herkunft des Instrumentes verbietet. Keine Zugeständnisse an die Neugierde in diesem Punkt. Zum Mythos einer Stradivari befragt, sagt sie: diese Geige sei jedenfalls nicht lauter als eine andere. Dass man mit ihr große Säle überspannen kann, liege an den Obertönen, und die seien in den hohen Lagen geradezu unangenehm am eigenen Ohr, und scharf für ein Mikrofon; aber im Saal klinge alles richtig.

Vivian Hagner, ehemalige Stipendiatin der Villa Musica, ist als Solistin erfolgreich, spielt 90 Konzerte im Jahr zwischen New York, Tokio und Berlin. Auf die Frage, was ein junger Musiker an Hilfe braucht, um sich durchzusetzen, sagt sie: Dirigenten, die sich die Mühe machen, einen Solisten zu beachten und zu beobachten; bei ihr seien es Zubin Metha, Gerd Albrecht, Claudio Abbado. Heute musiziert sie immer wieder mit Kent Nagano. Mit ihm hat sie auch das Violinkonzert der in Berlin lebenden Koreanerin Unsuk Chin uraufgeführt. Mit Lü Shiao-Cha, den die Koblenzer aus seiner Zeit mit der Rheinischen Philharmonie kennen, war 2013 mit Viviane Hagner und dem Taiwan Philharmonic Orchestra auf Tournee. Der berühmte amerikanische Pianist Emanuel Ax ließ ihr Grüße ausrichten, als er ihren Namen in Schloss Engers auf dem Plakat sah.

Viviane Hagner passt jedenfalls in die Konzertreihe KARRIEREN, die von den FREUNDEN  der Villa Musica zum Jahresprogramm der Stiftung beigetragen wird. Viviane Hagner spielt Solokonzerte mit  berühmten Orchestern und sie spielt Kammermusik mit wechselnden Partnern. In Schloss Engers tritt die Geigerin mit ihrer Schwester Nicole auf, die Pianistin ist – aber auch Ärztin. Fürs Interview auf die Bühne will die Schwester nicht. Der Vater der beiden ist Arzt, die Mutter Koreanerin – nur so viel gibt’s zur Familie zu hören. Die Schwestern sind aufgewachsen und leben in Berlin.

Den ersten publikumswirksamen Auftritt hatte Viviane Hagner 1990 als 13jährige. Bei "Jugend musiziert" entdeckte Zubin Metha sie und nahm sie mit zum ersten Auftritt der Berliner Philharmoniker in Israel. Wie sie da das Capriccio von Camille Saint-Saens hinlegte, kann man heute noch auf youtube als Video sehen. Ein Wunderkind, das seiner Jugend wegen Eindruck macht, wollte sie nicht sein – Wunderkind sei sowieso nur einer wie Mozart. Und als Geigerin habe sie sich erst mal in der Stille ein Repertoire erarbeitet – dazu habe ihr auch Zubin Metha geraten. Studiert und geübt habe sie anfangs nur, um mit ihrer Schwester musizieren zu können. Die ein Jahr jüngere Schwester Nicole habe gleichzeitig studiert, wollte dann aber die anstrengende Reisetätigkeit einer Künstlerin nicht auf sich nehmen.

Reisen sei anstrengend, in engen Flugzeugsitzen. Erster Klasse? Davon könne sie nur träumen. Ihre Geige lässt sie natürlich nicht aus den Augen. Andere dürfen ihr alles tragen helfen – die Geige nicht. Und das nicht weil das Instrument so wertvoll ist, sondern weil die Geige zu ihr gehöre, ein Teil von ihr sei. Ohne Geige bin ich ja nichts, sagt Viviane Hagner.

Was rät sie ihren Studenten an der Hochschule in Mannheim: muss es ein teures Instrument sein, um guten Klang zu erreichen? Vivian Hagner meint nach einigen Zitaten aus einer Studie zu dem Thema, letztlich komme es mehr auf den Spieler an. Wenn er einmal ein gutes  Instrument hatte und eine Klangvorstellung in sich aufgenommen habe, dann werde er immer versuchen, diesen Klang zu erreichen – egal auf welchem Instrument. Es gebe aber schon Fälle von Studenten aus armen Verhältnissen, in denen man helfen müsse, dass sie ein besseres Instrument bekommen; bei Wettbewerben wo viele gute Musiker antreten, können das schon entscheiden.

Sie selbst habe Wettbewerbe nur dann interessant gefunden, wenn sie sich eine Geige erspielen konnte, sagt Viviane Hagner; ansonsten habe sie lieber Konzerte gespielt als Wettbewerbe.

Keine Antwort hat Viviane Hagner auf die Frage, was Unterschiedliches ihr das Studium bei Thomas Brandis (langjähriger Konzertmeister der Berliner Philharmoniker) und Pinchas Zukermann gebracht habe. Einen Unterschied zwischen einem europäischen und einem amerikanischen Musizierstil will sie nicht erkennen – alle bezögen sich ja auf die europäische Tradition. Brandis sei ein großer Kammermusiker und im New Yorker Umfeld von Pinchas Zukermann zu sein, habe ihr eben das Erlebnis einer Weltstadt gegeben.

Mit welchen Orchestern, mit welchen Dirigenten Viviane Hagner auftritt, wo sie Kammermusik macht, sehen Sie auf ihrer Homepage: vivianehagner.de

 

p.s.

Die Villa Musica vergibt demnächst wieder wertvolle Geigen und Celli aus der Landessammlung Rheinland-Pfalz an Stipendiaten. Die FREUNDE der Villa Musica helfen den jungen MusikerInnen, die Versicherungssumme aufzubringen.