Ein herrlicher Tag am Ufer des Rheins in Bingen

Jahrestreffen 2025 nach 20 Jahren wieder in der Villa Sachsen – Konzert mit Mathis Rochat

Beeindruckende Förderbilanz – Information aus erster Hand von der Künstlerischen Leiterin der Villa Musica – ein Blick in die Geschichte der Hildegard von Bingen – Promenieren am Rheinufer – hinreißendes Dankeschön-Konzert des Bratschisten Mathis Rochat:

ich weiß gar nicht womit ich anfangen soll zu erzählen.

Anlass für den Jahresausflug ist bekanntlich die vereinsrechtlich vorgeschriebene Mitgliederversammlung. Nach den Rechenschaftsberichten des Vorstandes dankte die Künstlerische Leiterin der Villa Musica, Prof. Ervis Gega, den FREUNDEN für die finanziellen Zuwendungen an die Stiftung, für die Treue als Konzertbesucher und auch für die ideelle Unterstützung als Multiplikatoren für das Prinzip der Exzellenzförderung und die Mundpropaganda für die hochkarätig besetzten Konzerte.

Prof. Ervis Gega erweitert das Profil der Villa Musica

Weil FREUNDE der Villa Musica immer bestens informiert sein sollen, berichtete Frau Gega im Interview mit Barbara Harnischfeger über die Neuerungen, die sie bei Villa Musica eingeführt hat: „Artist Management“ durch die Künstler-Agentin Tanja Dorn aus Berlin: wie präsentiert man sich mit Foto, Lebenslauf in Medien, was ist als Freiberufler steuerrechtlich zu bedenken, was erwarten die Konzertveranstalter von einem Musiker, den sie engagieren. Neu ist auch die musikwissenschaftliche Einführung durch Prof. Dr. Karl Böhmer vor jedem Kurs.  Beides werde von den StipentiatInnen freudig angenommen und „inzwischen nehmen sogar die Dozenten mit Interesse teil.“ Wer von den FREUNDEN der Villa Musica Lust habe, mal zuzuhören, sei willkommen und brauche sich nur bei Kai Link, dem Leiter der Kammermusikakademie in Schloss Engers zu melden. Apropos Kai Link: er ist auch der Geschäftsführer unseres Vereins. Er hat fürs Jahrestreffen der FREUNDE wieder beste Rahmenbedingungen geschaffen. Danke ihm und dem Team für die perfekte Organisation.

Als Nächstes will die Künstlerische Leiterin der Villa Musica Musikvermittlung angehen – nicht indem sie Kinderkonzerte anbietet, sondern: das berühmte ARIS QUARTETT werde im Auftrag der Villa Musica an Schulen gehen und zwei Stunden Klassik-Schnuppern anbieten. Die Lehrer hätten damit keine Arbeit, müssten nur den Zeitpunkt bestimmen und den Raum organisieren. Ervis Gega setzt darauf, dass die Kinder googlen, wer Aris Quartett ist und dass schon allein durch deren Social Media-Präsenz Neugierde entsteht.

Was unterstützen die FREUNDE: von Solo-Chance bis Cellobogen

Die FREUNDE der Villa Musica haben sich ins Spiel gebracht bei der Errungenschaft Solo-Chance für StipendiatInnen. Ausgewählte MusikerInnen erhalten die Gelegenheit, als Solisten zusammen mit einem Orchester aufzutreten – dank der Vereinbarungen, die Prof. Gega unter anderen mit den rheinland-pfälzischen Staatsorchestern zustande gebracht hat. Die Villa Musica zahlt den StipendiatInnen ein kleines Honorar und das übernimmt jeweils unser Verein.

Über die Verwendung der Mitgliedsbeiträge und Spenden gab Schatzmeisterin Diana Kreuter-Schmitt insgesamt Rechenschaft ab in der Mitgliederversammlung. Als Besonderheit in 2024 ist zu nennen, dass der Verein die Aufführung eines Kompositionsauftrages der Stadt Mainz zum 200. Geburtstag des Komponisten Peter Cornelius ermöglicht hat. Das Werk für Singstimme und Streichquartett von Immanuel Ott wurde bei der Saisoneröffnung der Villa Musica am 21. September uraufgeführt.

Unverändert fördern die FdVM die Ausbildungsarbeit der Villa Musica – u n d sie unterstützen einzelne Stipendiaten individuell. Pascal Badziong vom Freundeskreisvorstand gab ein Beispiel:“ Es ist wichtig auf dem Weg in die berufliche Karriere, trotz der vielen Selfies ein professionelles Künstlerfoto zu haben, mit dem sich die jungen MusikerInnen bei Veranstaltern bewerben und im Internet präsentieren können. Die FREUNDE haben zwei StipendiatInnen eine Porträt-Serie bezahlt und dem Viatores Quartett das Cover-Foto für die eigene CD. Das Quartett, das Prof. Gega als besonders förderungswürdig empfohlen hat, wurde inzwischen auch vom SWR entdeckt und zum „SWRkultur New Talent 2024“ erklärt.

Für das neue Foto vom Vorstand der FREUNDE, das nötig war, ist kein Geld geflossen. Dieses Foto hat Vereinsmitglied Hans-Ulrich Stelter gemacht.

Häufig angefragt wird von jungen MusikerInnen Hilfe bei der Anschaffung eines Instrumentes oder eines Bogens. Ein Streich-instrument mit zu finanzieren, dafür reicht unser Geld nicht. Aber wir können beim Kauf eines Bogens helfen. Welche Bedeutung hat ein Bogen? Alfons Moritz erläuterte es anschaulich.:

„Sie können einen Formel1-Boliden entwickeln mit 1000 PS und allen denkbaren technischen Raffinessen, aber Sie kriegen die Kraft nur über die Reifen auf die Piste. Die Reifen sind das A und O. Und so ist das hochwertigste Streichinstrument nur über einen Bogen zum Klang zu bringen. Der Bogen sei zwar im Prinzip ein Stock mit Pferdehaaren bespannt, aber man müsse einen Bogen in die Hand nehmen, erleben wie er greift auf der Saite, wie er springt, welches Gewicht er hat und alle diese Faktoren lassen sich nicht beschreiben“. Man brauche den Test und danach richte sich der Preis. Der geht von 5000 bis zu 20 000 Euro. Die FREUNDE haben mehrfach mit einem Zuschuss geholfen.

Einen anderen Bedarf für Förderung nennt Cornelia Hoffmann. Giovanni Epasto musste ein Fagott überholen lassen. Das kostete 5000 Euro. Ein neues Fagott hätte zwischen 30.000 und 40.000 EUR gekostet. Er hat sich ein Gebrauchtes gekauft. Die Polster mussten ausgewechselt werden. Die Polster sitzen auf den Klappen und gewährleisten, dass das jeweilige Tonloch am Instrument zu 100 Prozent verschlossen wird. Im Laufe der Zeit werden die Polster spröde und das Material ermüdet.  Die Mechanik der Klappen muss neu justiert oder ausgetauscht werden. Am Fagott-Korpus, der aus Palisanderholz besteht, sind kleine Beschädigungen zu reparieren. Auch das sei einmal erklärt , damit Sie eine Vorstellung bekommen, wie teuer es für MusikerInnen ist, ihr eigenes Arbeitswerkzeug zu stellen.

Was gab es zu erleben

Die Erste Vorsitzende Barbara Harnischfeger, die Erlebnis-Macherin, stellte ihrem Bericht voran: Frau Prof. Gega führt alle Reihen fort, die einmal zusammen mit den Freunden der Villa Musica entwickelt worden waren. Also gab es ein Karriere-Gesprächskonzert am 16. Juni 2024 mit dem Fagottisten Theo Plath und eines am 16. März 2025 mit der Geigerin Johanna Pichlmair. Fotos und die Wiedergabe der Interview-Inhalte sind auf der Internetseite des Vereins unter www.freundedervillamusica.de zu sehen.

Bei RHEINVOKAL hat Prof. Dr. Karl Böhmer wieder faszinierende Einführungen geboten:

11. August 2024 Italien am Rhein um 1780 in der Koblenzer Residenz von Clemens Wenzeslaus, dem letzten Trierer Kurfürsten. Hierfür hatte Prof. Böhmer Briefe erforscht, welche Kunigunde, die Schwester des Kurfürsten, schrieb. Prof. Claudia Eder trug sie perfekt vor und ein junges Sängerteam sang hinreißend Arien aus italienischen Opern.

Am 24. August gab Karl Böhmer auf Anregung von FdVM eine Einführung zum RheinVokal-Konzert mit der Blockflöstistin Dorothee Oberlinger und dem Countertenor Alois Mühlbacher bei einem Barockprogramm.

Freunde der Villa Musica trafen sich auch bei BURGENKLASSIK und beim MAINZER MUSIKSOMMER. Beide Reihen werden von den FdVM unterstützt.

Verleihung des STERN-Villa Musica war am 30. November 2024. Die Trophäe ging an Knut Hanßen einen Pianisten, der schon an der Hochschule Hannover tätig ist und sich doch noch bei der Villa Musica beworben hatte, weil man hier eben mit den Besten Kammermusik machen könne, wie im Studium nicht. Auch dazu gibt es einen aufschlussreichen Bericht unter www.freundedervillamusica.de

So viel zur Mitgliederversammlung. Am Ende meldete sich der frühere Geschäftsführer der Villa Musica, Kurt Karst, zu Wort und bat, derjenigen Männer zu gedenken, durch deren Entscheidungen die Villa Musica vor fast 40 Jahren, also 1986, gegründet wurde: Kulturminister Georg Gölter und Ministerpräsident Hans Jochen Vogel. Beide sind dieses Jahr gestorben.

105 Interessierte Freunde der Villa Musica waren nach Bingen gekommen – natürlich auch wegen des Kulturprogramms. Das Auto konnte an der Villa Sachsen stehen bleiben. Ein Bus fuhr die Teilnehmer zur herrlichen Rheinpromenade in Bingen. Mittagessen gabs im Restaurant Zollhaus. Beim Essen sitzen die Menschen zusammen, die sich kennen, Neue werden integriert, es ist immer ein schönes Beisammensein.

Im Museum am Strom führten Sachkundige die FREUNDE in vier Gruppen aufgeteilt und erschlossen die Geisteswelt der Hildgard von Bingen, schilderten sie als einflussreiche Frau und Kämpferin. Die adelige Nonne, die zunächst im Kloster Disibodenberg war, setze die Gründung ihres eigenen Klosters auf dem Ruppertsberg gegen den Willen des Mainzer Erzbischofs durch. 1163 bekam sie das kaiserliche Privileg dafür. Hildegard von Bingen war mit den Mächtigen ihrer Zeit per Brief in Kontakt, hat Kaiser Friedrich Barbarossa sogar einmal persönlich getroffen und sie war Propagandistin für die Kreuzzüge, so erfuhren wir.

Bingen war schon allein wegen des herrlichen Rheinpanoramas eine Reise wert. Die FREUNDE genossen den Blick auf das Rheingau, auf das Niederwalddenkmal, auf den Mäuseturm und auf das Kloster Eibingen (Dieses wurde erst 1904 gebaut, die Nonnen leben in der Tradition der Hildegard von Bingen. Das von ihr gegründete Kloster auf dem Ruppertsberg existiert nicht mehr).

Fulminanter Tagesabschluss mit einem Virtuosen auf der Bratsche

Und dann am Nachmittag das Konzert des Bratschisten Matthis Rochat für die FREUNDE als Dank dafür, dass sie ihn 2021 am Ende seiner Stipendiatenzeit bei der Produktion einer CD unterstützt hatten.  Wie immer sollen die FREUNDE nicht nur in den Genuss von Musik kommen, sondern auch etwas über die Interpreten erfahren, aus deren eigenem Mund. Im Interview erzählte Mathis Rochat von sich aus: „Ich habe bei der Villa Musica zirka 15 Projekte gespielt und was ich mitgenommen habe, ist eine große Erfahrung mit Programmen von Barock bis Neue Musik. Dafür haben wir die größten Experten gehabt. Mein erstes Projekt war auf Darmsaiten in einem Kammerorchester, das für die Schwetzinger Festspiele zusammengestellt und von Werner Erhard dirigiert war. Wir sind die Mannheimer Schule durchgegangen, die frühe Klassik. Mathis Rochat hat Forscherdrang. Er entdeckt vergessene Werke und er transkribiert Vieles, das etwa für Cello geschrieben ist, weil das Original-Repertoire für die Bratsche zu klein ist. 2022 brachte Mathis eine CD mit Werken von Rachmaninoff heraus.

Mathis Rochat ist 1994 in Genf geboren und besitzt die französisch-schweizerische Staatsbürgerschaft. Studiert hat er in Köln und in Leipzig.

Wie kommt er als Professor ausgerechnet nach Antwerpen?

Antwort: „Ich kam gerade aus dem Studium heraus, war an der Chapelle Musicale Reine Elisabeth in der Nähe von Brüssel (das ist so etwas wie in Deutschland die Kronberg Akademie – Praxis und akademisches Studium parallel), da sagte ein Kollege, dass die Stelle am Königlichen Konservatorium Antwerpen frei wird, ich soll überlegen, ob ich da Unterlagen hinschicken will. Ich hatte wenig Lehrerfahrung, aber ich hatte das Glück, dass mir der Professor, der in Rente ging - obwohl er mich nicht kannte - anbot, seine Studenten einen ganzen Tag lang zu unterrichten und dann die Beurteilung der Studenten an die Auswahlkommission weiterzuleiten. Die Studenten entschieden, dass sie mich gerne beim Vorspiel dabei hätten und da habe ich die Stelle bekommen“.

Warum direkt vom Studium zur Professur?

Wie befriedigend ist eine Karriere als Lehrender? Mathis Rochat sagt: „Man kommt aus Corona direkt zur Professur“, sagt Mathis schmunzelnd. Und: “Ich hatte lange Zeit, bevor ich überhaupt mit dem Studium fertig war, entschieden, dass ich nicht ins Orchester möchte. Aber das Freiberufler-Leben ist sehr unsicher. Das heißt, der Weg zur Professur war vorbestimmt. Und es hat halt bei der ersten Bewerbung gleich geklappt.“ Abschließend sagt der 31jährige: „Das Lehren lehrt auch einem selbst sehr viel, wie man zu spielen hat. Sonst denkt man manchmal nicht so aktiv darüber nach. Studenten zu haben, die grundlegende Fragen stellen, ist erfrischend und auch gut für mich. Selbstreflexion“.

Nach einem klanglich berauschenden Konzert mit sattem Bratschenklang, begleitet von dem Pianisten Arash Rokni, den Mathis mitgebracht hatte, würdigte Alfons Moritz das Ereignis als überwältigend gut und die Freunde der Villa Musica fuhren beglückt nach Hause.

Für das nächste Jahrestreffen wird vom Vereins-Vorstand die Villa Ludwigshöhe in Neustadt an der Weinstraße angepeilt. Die Renovierungsarbeiten sollen diesen Herbst abgeschlossen sein, heißt es von Seiten Burgen, Schlösser, Altertümer Rheinland-Pfalz.