Solistin mit Talent fürs Pädagogische
Flötistin Johanna Dömötor im KARRIERE-Gespräch
Fürs Unterrichten ist man geboren oder nicht. Das sagt die Flötistin Johanna Dömötör. Mit 27 bereits wurde sie Professorin an der Anton-Bruckner-Privatuniversität Linz in Österreich. Dafür gab sie ihre Stelle als Soloflötistin beim Sinfonieorchester Basel auf. Dort war sie für die Praktikanten zuständig und hat ihr Talent und ihre Vorliebe fürs Weitergeben von Wissen und Können entdeckt.
Als Professorin sei sie zudem ihr eigener Herr, könne die Interpretation bestimmen, und: sie könne über ihre Zeit verfügen und sei so in der Lage, auch ihre solistische Karriere zu verfolgen. Die mit vielen Preisen ausgezeichnete Flötistin spielte bereits unter Dirigenten wie Zubin Metha, Kurt Masur, Lorin Maazel. Barbara Harnischfeger interviewte die ehemalige Villa Musica-Stipendiatin, die unter anderen Jean-Claude Gérard in Stuttgart als Lehrer hatte, während „eines Konzertes in der Villa Musica-Reihe KARRIEREN in Bad Bergzabern.
Über das Konzert selbst, das von der einheimischen Gesellschaft der Musikfreunde in der barocken Bergkirche veranstaltet wurde, ist in der RHEINPFALZ eine begeisterte Kritik erschienen (zum Lesen einfach 'Rheinpfalz' anklicken).
Ungarisches Blut
Johanna Dömötör ist 1984 in Engen am Bodensee geboren, in der Nähe von Konstanz. Ihre Eltern waren 1974 aus Ungarn nach Deutschland gekommen. Mit 16 Jahren wurde sie als Hochbegabte am Béla-Barók-Konservatorium in Budapest aufgenommen. „Ich wollte meine ungarischen Wurzeln und die ungarische Kultur erkunden“, sagt sie. Und jetzt, da sie Professorin in Linz ist, schicke man ihr aus Ungarn Studenten.
Professorin sei sie nicht aus Sicherheitsgründen geworden, sondern weil sie gemerkt habe, dass sie jungen Leuten sehr gut helfen könne, Probleme zu lösen. Wobei: Das Unterrichten sei der kleinste Teil des Lehrerdaseins. Viel Zeit gehe drauf für Organisation, Gremiensitzungen, Lehrpläne, in Kommissionen. Auch mit den Lehramtsstudenten muss sie sich beschäftigen, nicht nur mit den Spitzen-Instrumentalisten. Ungemütlich wird Johanna Dömötör, wenn sie Rückenschmerzen hat. Man kann es sich kaum vorstellen bei Ihrer Erscheinung und ihren erst 29 Jahren. Doch, das sei die Folge vom vielen Spielen. Gymnastik ist angesagt.
Wie kommt sie selbst zum Üben?
Man übt anders als in Studentenzeiten, sagt Johanna Dömötör. Sie brauche nur noch ein bis zwei Stunden am Tag, nicht mehr sechs. Was sie in ihrer Studienzeit am Instrument technisch erarbeitet habe, das zeige Wirkung. Und was sie über das Musizieren und über das Zusammenspiel gelernt habe, das verdanke sie Villa Musica. Hier sei sie als 22jährige gleich mit vier hochrangigen Dozenten in ein Bläserquintett gesetzt worden und habe sich beweisen müssen. Drei Jahre lang, von 2006 bis 2009, hat sie dann an vielen Kurs- und Konzertprojekten teilgenommen.
Der soziale Aspekt beim Musizieren
Kammermusik sei eine soziale Angelegenheit, sagt Johanna Dömötör. Es werde ungeheuer viel diskutiert über die Musik und die Interpretation. Und es sei wichtig zu lernen, wie man Kritik annimmt und wie man Kritik äußert in einem Ensemble. Das sei überhaupt die hohe Kunst: musikalisch miteinander zu arbeiten und den richtigen Ton im Umgang mit den Kollegen zu finden. Was sie bei Villa Musica gelernt hat, sei ihr auch im Orchester sehr zugute gekommen – zunächst in Kaiserslautern im Pfalztheater und dann in Basel. Und die Holzbläsergruppe im Orchester sei ja auch ein Bläserensemble in sich, in dem man aufeinander hören muss, sagt die Flötistin.
Wie macht man Karriere?
Ein paar Stichworte: Nur gut zu spielen, reicht nicht. Eine Solokarriere liegt in den Wolken. Orchesterstellen sind rar. (In Salzburg zum Beispiel haben sich gerade 300 Flötisten auf eine Stelle im Mozarteum-Orchester beworben.) Also: es gehört auch Glück dazu, erfolgreich zu sein. Denn Viele sind gut. Johanna Dömötör hat keinen Agenten. Vermarkten könne sie sich selbst. Es sei wichtig, Netzwerke aufzubauen, sich bekannt zu machen, mit Konzertveranstaltern auch nach dem Auftritt Kontakt zu halten, dann werde man wieder eingeladen. Manchmal komme sie sich vor wie in einem Bürojob: emails bearbeiten, telefonieren. Die sozialen Netzwerke wie facebook bedienen, gehört heute auch zum Selbstmanagement.
Ihren Studenten vermittelt die Professorin außerdem: ehrgeizig sein ist schön, Fleiss ist unbedingt notwendig, und wichtig ist die positive Einstellung: an sich selbst glauben und daran, dass wenn sich eine Tür schließt - was sehr oft geschehe bei Musikern - sich anderswo wieder eine Tür öffnet.
Barbara Harnischfeger wirft ein: ein Künstler braucht Ausstrahlung, und Sie haben die. Frenetischer Beifall des Publikums.
Johanna Dömötör beherrscht die Kunst des Flötenspiels excellent. Sie hat zudem Geschmack was ihr Outfit betrifft. Sie ist eine strahlende Erscheinung mit entspanntem Gesicht auch bei höchster Konzentration für die Musik. Man schaut sie gerne an. Sie ist unaffektiert, macht eigentlich gar nichts, ist auf unerklärliche Weise aber ganz beim Publikum. Und das Publikum bei ihr. Dazu ihre sympathische Fähigkeit, anschaulich über sich und ihren Beruf zu erzählen. Die Besucher des Gesprächskonzertes in Bad Bergzabern waren sehr angetan. Und die Vorsitzende des Villa Musica-Veranstaltungspartners, Cornelia Hoffmann, sagt zum Abschluss: so etwas hätten wir gerne mal wieder.
Zur homepage von Johanna Dömötör: www.johannadomotor.com.